DSP - Anwendung: Linkwitz-Transformation einer DYNAUDIO Contour 1.3 SE

Was ist das?

Die Linkwitz-Transformation macht aus einer geschlossenen Box, welche durch ihre Resonanzfrequenz und die Güte der Resonanzstelle beschrieben ist, eine neue Box mit einer tieferen Resonanzfrequenz und einstellbaren Güte. Im Vergleich zu einer Baßreflexbox kann das Gehäusevolumen klein gehalten werden und die untere Grenzfrequenz und deren Güte sind im Rahmen des Möglichen frei wählbar.

Wie immer im Leben gibt es aber auch hier nichts umsonst.

  • Wir tauschen Maximallautstärke gegen Tiefbass ein.
  • Der verwendete Treiber muß in Bezug auf den linearen Hub und die elektrische Belastbarkeit genügend Reserven aufweisen.
  • Im Vergleich zu einer Baßreflexbox ist deutlich mehr Verstärkerleistung notwendig. Eine Erweiterung des Basses um eine Oktave (z.B. von 60 Hz auf 30 Hz) benötigt die 10-fache Verstärkerleistung (+12 dB).
  • Die Vorteile sind aber nicht von der Hand zu weisen.

  • Kleines Gehäuse
  • 12 dB Rolloff, anstatt 24 dB bei Baßreflex, dadurch klingen Boxen bei gleicher Abstimmfrequenz tiefer
  • wählbare Güte - bei Baßreflexgehäusen müßte man dazu die Gehäusegröße und die Baßreflexkanalabmessungen verändern
  • Durch die wählbare Güte kann man den Bass präzise/trocken (Güte = 0,5 - 0,6), normal (Güte = 0,71) oder prägnant (Güte > 0,71) einstellen.
  • Die Schaltung ist Jahrzehnte alt. Was soll daran jetzt neu sein?

  • Früher mußte man eine Platine ätzen oder bei Siegfried Linkwitz in den USA bestellen.
  • Man mußte löten.
  • Man mußte für jede Veränderung Bauteile beschaffen und auf möglichst geringe Bauteiletoleranzen achten.
  • Seit Erfindung der Korrekturschaltung hat sich durch die breite Verfügbarkeit von DSPs für den Audio-Bereich einiges verändert. Bei Verwendung eines DSPs ist das Ganze mit einer Impedanzmessung und einigen Mausklicks realisiert. Änderungen der Abstimmung beschränken sich auf einige Mausklicks.

     

     

     

    Theorie

    Ausführliche Informationen (englisch) findest du unter folgenden Links:

  • Siegfried Linkwitz
  • Rod Elliot
  • minidsp.com
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    Virtuelles Beispiel

    Der ovale Tang Band W8Q-1071 benötigt im Baßreflexgehäuse mit Abstimmfrequenz um 35-40 Hz ca. 40-50 l Nettovolumen. Bemühen wir jetzt den Methusalem der Lautsprechersimulationprogramme AudioCAD und simulieren eine geschlossene Box zeigt sich folgendes Bild:

    In einem geschlossenen 18-Liter-Gehäuse hat der Tang Band eine Resonanzfrequenz von knapp 60 Hz. Die Gehäusegröße (bei Verwendung von 19 mm MDF wären das z.B. H*B*T: 40 * 30 * 25 cm) ist angenehm, vor allem wenn wir im Heimkino mehrere dieser Subs unterbringen möchten, aber was sollen wir mit 60 Hz anfangen? Nun - wir laden uns von dieser Seite das Excel-spreadsheet spl_max1.xls (funktioniert auch mit Open Office) herunter und lernen nach Eingabe der effektiven Membranfläche (333 cm2) und des maximalen linearen Membranhubs (12 mm), daß der Treiber in einem geschlossenen Gehäuse in einem Meter Entfernung folgende Lautstärken erzielen kann.

    Bei Abstrahlung in den Halbraum, wovon wir ausgehen können, wenn eine Box auf dem Boden steht, addieren wir zu den Angaben jeweils 6 dB. 100 dB Schalldruck bei 30 Hz in 18 Litern Gehäusevolumen hört sich ja schon mal sehr gut an und ist allemal mehr, als man in Mehrfamilienhäusern fahren kann. Zur Erreichung dieses Schalldrucks benötigen wir ca. 100 Watt Verstärkerleistung, mehr kann aber nie schaden. Wenn wir zwei dieser Subs einsetzen wollen addieren wir nochmals 3 dB dazu, benötigen dafür aber nochmals einen Verstärkerkanal mit 100 Watt.

    Jetzt überprüfen wir noch die Membranauslenkung bei 100 Watt und sehen, daß alles im grünen Bereich ist, denn die zur Verfügung stehenden 12 mm Membranhub werden nicht ausgenutzt.

    Von dieser Seite laden wir uns das Excel-spreadsheet biquad calculation spreadsheet herunter. Nach Eingabe der Resonanzfrequenzen und Güten (jeweils Original und gewünscht)

    sehen wir folgende Grafik:

  • blau: Original-Frequenzverlauf der geschlossenen Box
  • rot: Frequenzverlauf nach Korrektur durch Linkwitz-Entzerrer
  • grün: durch Linkwitz-Entzerrer erzeugte Frequenzgangkorrektur am Verstärker
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    Praktisches Beispiel

    Zur praktischen Demonstration muß wieder mal mein Desktop-Lautsprecher DYNAUDIO Contour 1.3 SE herhalten. Das Baßreflexgehäuse der Dynaudio ist zwar auf 40 Hz abgestimmt, aber die Messung zeigt, dass es sich hier um eine sehr schlanke Abstimmung handelt.

    Für den Einsatz einer Linkwitz-Transformation stellt die Dynaudio sicherlich einen Grenzfall dar. Es funktioniert, weil ich hauptsächlich leise höre, da die Boxen auf dem Schreibtisch nur 1 Meter von meinem Ohr entfernt stehen.

    Vorgehensweise

    Für die Linkwitz-Entzerrung ist es von tragender Bedeutung, daß die Parameter (Resonanzfrequenz und Güte) stimmen. Die folgende Vorgehensweise führen wir deshalb für beide Boxen durch.

    Baßreflexkanal verschließen

    Da der Linkwitz-Entzerrer nur bei geschlossenen Boxen funktioniert verschliessen wir im ersten Schritt den Baßreflexkanal. Die von Dynaudio mitgelieferten Bassplugs sind dazu leider nicht geeignet, da diese eher einen Fließwiederstand, als einen Verschluss darstellen.

    Zur Abdichtung verwenden wir ein Stück Noppenschaumstoff. Dazu schneiden wir ein Stück in der Länge des Baßreflexkanals zu, rollen es zusammen und stopfen es in den Kanal. Durch eine Impedanzmessung mittels Sinus-Signal und einem vor den Baßreflexkanal gehaltenen Feuerzeug prüfen wir die Dichtigkeit. Die Flamme darf sich nicht bewegen.

    Messung des Gleichstromwiderstands

    Den Gleichstromwiderstand messen wir mit einem Multimeter. Nach der Messung schliessen wir die Messkabel kurz und ziehen den abgelesenen Wert von dem der vorherigen Messung ab. Mein gemessener Wert der linken Box beträgt 4,1 Ohm. Nach Kurzschluss der Messkabel lese ich am Multimeter 0,4 Ohm ab. Der Gleichstromwiderstand beträgt demnach 4,1 Ohm - 0,4 Ohm = 3,7 Ohm.

    Impedanzmessung und Ermittlung von Resonanzfrequenz und Gesamtgüte

    Zur Ermittlung der Resonanzfrequenz und deren Güte messen wir jetzt den Impedanzverlauf. Dies geht z.B. mit dem ARTA-Teilprogramm LIMP sehr gut. Für die Impedanzmessung benötigen wir lediglich die Testversion von ARTA und ein einfach und preiswert zu bauendes Messkabel. Die deutsche Anleitung von ARTA können wir hier herunterladen.

    Nach der Impedanzmessung lassen wir diese auswerten (Menü Analyze - Menüpunkt Loudspeaker-Parameters - Added mass method). Hier geben wir lediglich den zuvor gemessenen Gleichstromwiderstand im Feld Voice Coil Resistance ein und klicken auf Calculate TSP.

    Die zur Programmierung unseres DSPs benötigten Werte lesen wir aus obigem Bild ab.

  • Resonanzfrequenz des Tiefmitteltöners im geschlossenen Gehäuse: Fs = 56,49 Hz
  • Güte der Resonanzfrequenz: Qt = 0,47
  • Obige Vorgehensweise wiederholen wir jetzt für die rechte Box und bekommen z.B. folgendes Ergebnis.

  • Resonanzfrequenz des Tiefmitteltöners im geschlossenen Gehäuse: Fs = 55,55 Hz
  • Güte der Resonanzfrequenz: Qt = 0,51
  • Programmierung des DSPs

    Als Nutzer eines DSPModuls von HiFiAkademie sind wir fein raus, da dieses den Linkwitz-Entzerrer als Feature implementiert hat. Wir geben die gemessene Resonanzfrequenz und Güte ein. Dann wählen wir die gewünschte neue Resonanzfrequenz und deren Güte, übertragen die Daten zum DSP und sind fertig.

    Wenn wir nicht glücklicher Besitzer eines HiFiAkademie-DSPModuls sind können wir das Ganze mit dem preisgünstigen miniDSP realisieren. Dazu benötigen wir

  • einen minidsp 2x4 (ggf. in a Box),
  • das Plugin 2 way crossover advanced und
  • die Informationen dieser Website
  • Messungen

    Als Besitzer eines Messmikrofons können wir das Ergebnis durch eine Nahfeldmessung (Mikrofon wenige cm vor der Dustcap des Tiefmitteltöners) überprüfen. Bei Einsatz von ARTA achten wir hier darauf, daß wir die 1-Kanal-Messung verwenden, denn die 2-Kanal-Messung würde den DSP wieder herausrechnen.

     

    Mit bässten Empfehlungen ...